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Dienstag, 15. November 2011

Aromamonster & Killermaschinen

Sie kamen schleichend. Irgendwann waren sie einfach da, erst leicht versteckt in irgendwelchen Ecken, doch dann immer zahlreicher an prominenten Plätzen in den Eingangsbereichen der großen Discounter. Heute sind sie allgegenwärtig im großen R, im großen A und großen L. Sich zu wehren war sinnlos, wir wurden einfach überrannt. Haben wir es eigentlich wirklich gemerkt, was da vor sich ging? Jetzt haben wir den Schlamassel...

Der Angriff kam plötzlich, aber irgendwie erwartet. Man sollte eigentlich bei jedem Wocheneinkauf darauf vorbereitet sein, aber man vergisst ja so schnell. Der Aromastrom aus der kreisrunden Öffnung, die da vor mir auf Gesichtshöhe platziert ist, hat ungefähr den Charakter von Bahnhofsklo plus Hefegegorenem. Den Würgreflex kann ich nur mühsam unterdrücken, aber ich muss weitermachen. Ich versuche, mich in einem veränderten Winkel vor dem Getränkepfandautomaten zu platzieren, aber irgendwie weiß das Miststück, wo ich mich gerade befinde. Da ist es ja einfacher, auf der Wii irgendwelchen schwer untersetzten Ninja-Zwergen auszuweichen.

Am zweiten Automatenmonster neben mir hat sich ein irgendwie nach dauerhaft schwerem Alkoholkonsum aussehender Mittfünfziger mit zwei großen 120-Liter-Müllsäcken positioniert und wirft stoisch eine Plastikbombe nach der anderen ein. Die Herde im Hintergund wird langsam unruhig. Ich lasse mir meine unangebrachte Verachtung nicht anmerken... glaube ich.

Meine aufbrandende schlechte Laune wird befeuert durch die Meldung "Behälter nicht akzeptiert", vermutlich weil das Lesesymbol durch einen einzelnen Regentropfen für den Scanner einfach zu stark entstellt ist. Genervt schiebe ich den leeren Plastikbehälter immer und immer wieder in den Schlund des Mutanten, der mir das Teil beim dritten Versuch mit Nachdruck trotzig vor die Füße spuckt. Bitte, lass es keine emotionale Reaktion einer Maschine gewesen sein. Ich erinnere mich plötzlich an Stephen Kings "Christine", und mir läuft es eiskalt den Rücken herunter. Der fünfte Einwurfversuch ist erfolgreich.

Schnell noch die Wasserkiste in den großen Kasteneinschub unten gestellt, doch weil irgendein Spezi die Wasserflasche Nr. 11 nicht staubtrocken getrunken hat, beschwert sich der Automat mit höchst peinlichen Piepen bei mir. Mensch, das weiß doch jeder, das man auf keinen Fall die Menge eines Esslöffels in einer Wasserflasche lassen darf. Ich sehe mich kurz um, und weil ich merke, dass der Mann an der Kasse mich auf allerhöchstem Niveau ignoriert, verpasse ich der Kiste einen leichten Tritt. Das Band zieht die Kiste ein, der Scanner scannt, die Anzeige blinkt, auf Knopfdruck wird der Pfandbon ausgedruckt. Der Automat quittiert wie üblich aus unbekannten Gründen im Anschluss den Dienst. Die Wasserkiste fehlt in der Übersicht.

Der Kerl an der Kasse ist definitiv mit dem falschen Fuß aufgestanden. Meine höchst freundlich vorgetragene Beschwerde wird mit einem muffeligen "ich weiß ja jetzt gar nicht, ob sie da wirklich eine Kiste drin hatten, gesehen habe ich das nicht" quittiert. Bevor mein ohnehin zu hoher Blutdruck die Angelegenheit in die Abteilung "Föhnfrisur in Jumbo-Jet-Lautstärke" verlegt, deute ich mit dem Finger auf der Schlange der Leidenden, die die ganze Zeit hinter mir gestanden haben. "Aber die haben das gesehen". Die Kasse liegt übrigens dem Pfandautomaten in einer Entfernung von etwa 3,36m gegenüber, und man muss schon sehr kurzsichtig sein, um einen Zwei-Zentner-Kerl mit einem Haufen Leergut im Gepäck gar nicht zu sehen. Ausserdem hätte mein diskutierfreudiger Kassen-Spezi schnell nachschauen sollen, vermutlich hätte er ohne Hilfe der Spurensicherung den Abdruck meiner Sohle auf der Kiste noch identifizieren können. Aber das nur am Rande. Die manuelle Eingabe von EUR 3,60 erfolgt widerwillig, aber sie erfolgt.

Das Einlösen des Pfandbons vergesse ich beim Bezahlen im angeschlossen Supermarkbereich des gleichen Unternehmens und werde in der Folgewoche darüber aufgeklärt, dass man Getränkepfand auch nur im Getränkemarktbereich des Ladens einlösen kann. Das allerdings sehr freundlich, ich will ja hier niemandem Unrecht tun.

Ich behaupte nicht, dass die manuelle Leergutannahme in der 80ern freundlicher erfolgt wäre. Die vermutlich schon seinerzeit ziemlich unterbezahlten Aushilfskräfte hatten in ihren stinkigen Lagerbereichen auch nicht gerade die Dienstleistungsrhetorik erfunden, aber man war bereit, ihnen das auf Grund der Umstände zu verzeihen. Und die Annahme lief definitiv schneller, die entsprechenden Mitarbeiter entwickelten sich zu regelrechten Leergut-Olympioniken, wenn sie tatsächlich einige Wochen in der Abteilung ausgehalten hatten.

Das die Meister des Wegsortierens dann durch Maschinen ersetzt wurden, die vermutlich schon in den Anschaffungskosten vier bis acht Jahresgehälter einer Aushilfskraft auffraßen, war irgendwie nicht so wirklich verständlich. Zumal die Geräte ja alle zwei bis drei Stunden eine Vollmacke entwickeln und deswegen von zwei anwesenden Automaten meistens einer kaputt ist. Okay, das kann man natürlich bei der Bahn auch erleben.

In einer weitaus größeren Filiale der gleichen Supermarktkette erlebe ich dann den totalen Nonsens der Automatisierung. Insgesamt sind vier Geräte völlig chaotisch im Eingangsbereich des Marktes aufgestellt, aber anders als da, wo ich mich gewöhnlich meines Leerguts entledige, können hier die Geräte nur bestimmte Leerguttypen lesen. So habe ich am Ende der Nummer drei verschiedene Pfandbons in der Tasche. Die habe ich dann aber auch nicht vergessen, an der Kasse zur Abrechnung vorzulegen.

Zu guter Letzt möchte ich noch passend zum Thema die Frage meines Kumpels Jens von vor zwanzig Jahren beantworten, der im allerseits schon leicht angetrunkenen Zustand zur Diskussion stellte, ob Leergut nicht eigentlich Leerschlecht heißen müsste. Schließlich wissen wir spätestens seit Giovanni Trapattoni, dass Flasche leer nicht gut ist.
Jens, du hattest Recht. Ich habe fertig.




Mittwoch, 9. November 2011

Die öffentliche Klärung des Beziehungsstatus

Ich gebe zu, ich hab mich aufstacheln lassen. Es war tatsächlich wieder mal eine dieser unsäglichen Copypastekettenbriefattacken bei facebook, die mir zu denken gab. Vermutlich verfasst von Mitgliedern meiner Generation, wurde über die aktuell pubertierende Facebook-Generation (also quasi unsere Kinder) hergezogen, leider in einem bedenklich semi-adulten Stil und voller beschädigter deutscher Sprache. Gepaart mit den jüngsten Live-Erfahrungen persönlicher Natur kann man das einfach so nicht stehenlassen...

Ca Thriin (Name vom Autor bewusst geändert, könnte wirklich jede 15jährige sein, Ähnlichkeiten zufällig... ehrlich) hat ihren Beziehungsstatus geändert. In einer Beziehung prangt es jetzt auf ihrer Seite, garniert mit einem kleinen Herzchen. Wenig später ist der Auserwählte auch schon multimedial identifiziert: Voll Pfosten95 soll es also sein, zumindest für die nächsten Wochen. Dass die Bilder von zahllosen Sonnenbrillen-Poser-Sessions nicht so richtig zu den jung-weiblichen Kussmund-Orgien passen, ist sicherlich völlig normal. Und auch, dass man das mit 15 ganz schnell seinen Freunden (oder viel wichtiger, Freundinnen) mitteilt ist jetzt eigentlich keinen Artikel wert. Auch wenn man bei FB fast 500 von der Sorte hat.

Bemerkenswert wird die Sache erst, wenn aus dieser Freundesuppe ungefähr 100 Kommentare auf diesen einen Post (der ja nicht mal wirklich einer ist) folgen, von denen zwei Drittel mit "endlich geschafft!" beginnen, als hätte das schmächtige Teeny-Mädchen mit dem etwas zu engen Top gerade eine nordafrikanische Gesellschaft von einem gefährlichen Diktator mit terroristischen Verbindungen in alle Welt befreit. Oder zumindest eigenhändig einen 30-Tonnen-Gummibärchen-Laster den Brenner-Pass hinaufgeschoben. Hätten die nicht wie das restliche Drittel der FBF (Facebook-Freunde) einfach nur gratulieren und ein bisschen Glück wünschen können? Bleibt doch wohl ein ewiger Teenager-Wettstreit, wer macht was zuerst und wenn ja dann wie oft. Okay, ich bekloppter Naiv-Idealo... natürlich wird sich das nie ändern. Lassen wir das also, denn schlimm ist anders.

Schlimm ist, was man an einem eigentlich herrlichen Sonntagmorgen in der viel zu langen Schlange vor dem Bäcker seiner Wahl erleben kann. Eine jugendlich klingende, weibliche Stimme meldet sich etwa drei Meter hinter mir in der Schlange an ihrem Handy, dass gerade mit einer Mischung aus afrikanischem Rhythmus und Walgesängen nach Gehör verlangt hatte. Was zunächst ganz harmlos mit der Klärung des persönlichen Befindens nach einer offensichtlich doch noch etwas heftigen Partynacht beginnt, wächst sich innerhalb von fünf Minuten (!) zu einer psychoanalytischen Gruppenbetrachtung der gesamten Partygesellschaft aus. Dann wird noch eben schnell verbal auf dem Liebsten der Gesprächspartnerin rumgetrampelt ("Also ehrlich, eigentlich habe ich ja nix gegen Thomas..."), ein paar virtuelle Arschtritte in Richtung des eigenen "Stubenhockers" gehen auch noch ab, bevor der wahrscheinlich etwas altersschwache Akku des Nokia-Knochens mit all den wartenden Brötchenholern ein Einsehen hat und seine bevorstehende Arbeitsverweigerung ankündigt. Ich dreh mich noch schnell um... Shit, Generation 40plus am Werk. Ich schäme mich plötzlich.

Und dann fällt mir wieder eine Begebenheit von nicht allzu lange davor ein. Verhaltensweise identisch, Ort unterschiedlich. Da war's dann in der Straßenbahn. Und ich erinnere mich noch gut, wie's mir da schon in der Nackengegend geschauert hat. Warum glauben pseudo-alternative MittvierzigerInnen, dass die Inhalte dieser Telefongespräche für irgendjemanden im öffentlichen Raum von Interesse sind? Und verdammt, warum glauben sie, dass solche Aktionen weniger peinlich sind, als ein bisschen Teeny-Romantik (oder was dafür gehalten wird) bei FB? Sehr tragisch...

Neulich fragt mich dann doch ernsthaft einer, warum ich mich eigentlich weigere, erwachsen zu werden. Bitte sehr, überlegt doch mal ;-)


Donnerstag, 20. Oktober 2011

Ramsäuerlich geschrödertes Herbstquotentheater

Wie bastle ich mir ein Ablenkungsmanöver? Man nehme den alten Haudegen und die niedliche Prinzessin, ein paar gesellschaftliche (Neben-)Kriegsschauplätze und Unmengen an Medienvertretern, und.... tataaaaa.... fertig ist das Schmierentheater aus Schein und Schimmer. Den wirklichen Problemen geht es durch die etwas halbstark vorgetragenen (Nicht-)Absichten natürlich wieder mal nicht an den Kragen. Aber das soll es ja auch nicht...

Wenn der Herr Minister Ramsauer die Keule rausholt und mit erhobenem Zeigefinger die Unvernunft der helmverweigernden Fahrradfahrer anprangert, so wirkt das schon irgendwie überheblich und nervig. Wenn er sich dann weiterhin echauffiert und mit Konsequenzen droht, falls sich die Zahlen nicht schnellstens um mehrere hundert Prozent verbessern, so wirkt das bisweilen grotesk. Und so viel Realitätsverlust macht dann gleich auch wütend, denn da ist er wieder, der typisch deutsche Reglementierungswahn, der den Bürgern abspricht, auf sich selbst aufpassen zu können. Und dann muss sofort eine Helmpflicht her.

Der gleiche Herr Ramsauer und sein Ministerium haben übrigens die Mittel zur Förderung der fahrradfreundlichen Infrastruktur radikal zusammengestrichen, dabei ist das eigentlich das zentrale Problem. Um das zu belegen braucht man nicht weit schauen. Die Holländer haben ja nach allgemeiner Meinung das Fahrradfahren quasi erfunden. Kein Mensch trägt hier einen Helm, es gibt aber auch so wenig schwere Unfälle wie sonst nirgends. Wie kommt das? In Holland ist die Verkehrsinfrastruktur überwiegend integriert, Rad- und Autofahrer achten gegenseitig aufeinander, weil sie die Anlage von Straßen- und Wegeführung dazu zwingt. Solche Konzepte sind auch für deutsche Verkehrsplaner nicht zwangsläufig fremd (na okay, für einige schon) , und in den Bereichen, bei denen in Deutschland entsprechende Verkehrszonen bestehen, läuft das auch ganz hervorragend. Die Unfälle mit schweren Folgen passieren überwiegend dort, wo die Lage unübersichtlich wird und bei fehlender Aufmerksamkeit der Bruchteil einer Sekunde über die Folgen entscheidet. Die Helmpflicht löst dieses Problem nicht, man könnte Fahrradfahrern eine komplette Rüstung aufzwingen, und würde die grundlegende Problematik nicht verändern. Also wieder mal nur die  Behandlung der Symptome per Vorschrift.

Bevor ich mich darüber weiter aufrege, schaue ich lieber nochmal bei der öffentlichen Diskussion um die Frauenquote in den deutschen Führungsetagen nach. Da lässt sich die zuständige und vor allem junge Ministerin von den mächtigen Herren der stärksten deutschen Unternehmen quasi öffentlich vorführen. Man äußert sich natürlich mit einem klaren Bekenntnis zu mehr Frauen in Führungspositionen und da werde man sich auch entwickeln... wir schauen uns das mal an. Da ist hinterher eigentlich der gleiche Stand wie vorher, nur dass es zwischendurch eine Pressekonferenz gegeben hat.

Während sich im politisch-wissenschaftlich Betrieb verschiedene Quoten- oder Nicht-Quoten-regelungen in der Diskussion gegenseitig aufreiben, holen die Medien zum mutterkomplexen Rundumschlag aus. Da ist von höherer Empathiefähigkeit und stärker ausgeprägtem Ganzheitlichkeitsanspruch bei „den Frauen“ die Rede, dass es klischeehafter denn je aus dem Fernseher wabert. Dass es bei dieser Diskussion genau darum gar nicht geht, sondern um die mangelhaften Rahmenbedingungen in den deutschen Vorstandsetagen, ist auch hier kein Thema. Da fand ich die Bemerkung einer erfolgreichen Unternehmerin irgendwie schon bedenkenswert, die meinte, eine Quote könne sich vielleicht eher kontraproduktiv auswirken, weil die männliche Vorstandsdenke automatisch das Label „Quotenfrau“ auf die Kandidatin klebt, bevor die den ersten Leitantrag formuliert hat. Und vielleicht weiß sie zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal, wie das mit der ganztägigen Betreuung ihres Kindes laufen wird.

Ich hab dann doch ziemlich schnell gemerkt, dass ich nicht der Einzige bin, der die Befürchtung hat, dass die gesetzlich reglementierte Frauenquote möglicherweise unumgänglich aber genauso wenig praxisorientiert ist, wie eine Promillegrenze für Zierfische. Es scheint mir leider eher wahrscheinlich, dass die vielen klugen und leistungsfähigen Frauen sich ihren Erfolg erst erarbeiten müssen, ohne sich als „bessere Männer“ zu präsentieren. Und vielleicht ist es von Vorteil, wenn viele moderne Mütter und Väter ihren Töchtern beibringen würden, dass sich die Nutzung der eigenen Stärken sehr viel mehr lohnt als die Aufmerksamkeit der Männer. Ihr braucht nicht mit dem Kopf schütteln, das ist nicht wirklich selbstverständlich.

Ein Déjà Vu zu diesem Thema wäre bei meiner Generation nicht unwahrscheinlich, irgendwie ist das alles schon einmal diskutiert worden. Und die öffentliche Diskussion um das Thema ist immer noch von einem Ur-Konservatismus geprägt, den es so eigentlich nur noch in Deutschland gibt. Es kann doch eigentlich nicht angehen, dass immer noch öffentlich emotional-moralisch diskutiert wird, ob man Angebote für Ganztagsbetreuung von Kindern wirklich flächendeckend gesellschaftlich vertreten kann (mal ganz abgesehen von dem Finanzierungsproblem). Unsere französischen Nachbarn und Freunde dürften sich über derlei Fragestellungen kaputt lachen. Bei manchen Medienberichten zu dem Thema fragt man sich, ob die Redakteure vollenthirnt oder einfach im 19. Jahrhundert stehengeblieben sind. Wertvolle Beiträge für kritische Zuschauer sehen dann doch irgendwie anders aus.

Um zum Ausgangspunkt zurückzukommen: Die Ablenkungsmanöver wären fast gelungen, wenn den beiden Delinquenten nicht eine Parteifreundin und Auch-Ministerin in die Parade gefahren wäre. Und nun zoffen sie sich wieder alle, stellen Dinge grundsätzlich in Frage oder postulieren im Gegenzug grundsätzlich (aber ohne Blick auf das Ganze) drauf los, dass man schon wieder keine Lust hat, den Einzelargumenten zu folgen. Irgendwie erbärmlich oder vielleicht nur erbärmlich vorgespielt, was noch schlimmer wäre.

Derweil fällt in China ein Sack Reis um.

Montag, 17. Oktober 2011

Neues aus Schlaubergen - Von Besserwissern, Klugscheißern & Oberlehrern

Okay, wer mich kennt, wird schon beim Anblick des Titels sagen: Will er jetzt etwa über sich selbst schreiben? Ich gebe zu, dass ich auch gelegentlich das Klugscheißer-Gen gepachtet habe (warum sonst würde ich einen Blog schreiben ;-). Aber ich lasse es nicht zu schlimmen Auswüchsen kommen... glaube ich zumindest, sonst sagt doch einfach Bescheid.

Es ist vermutlich etwas Deutsches. Wenige Dichter und Denker, mehr Richter und Zänker. Und Lehrer; viele möchten gerne Lehrer sein, aber eigentlich sind sie eher leerer, beispielsweise was den guten Ton angeht. Da hat sich die Kanzlerin doch vor nicht allzu langer Zeit irgendwie im Ton vergriffen, als sie Spaniern und Portugiesen empfahl, mehr zu arbeiten. Leider hatte man ihr nicht verklickert, dass die Iberer längst durchschnittlich mehr arbeiten... als zum Beispiel "die Deutschen". Nicht gut... egal, weitermachen.

Das erst Mal richtig bewusst geworden ist mir die Sache beim Kauf meiner zweiten E-Gitarre (soll heißen, ich war nicht mehr ganz doof) im lokalen Musikinstrumentenfachgeschäft, also an einem Ort, an dem ich (zu der Zeit und mit reichlich jugendlichem Leichtsinn) den Klugschiss nicht unbedingt erwartet hätte. Das war noch in der multimedialen Steinzeit, als man Produkte nicht vorher im Web abchecken konnte, sondern noch auf ein wenig Beratung hoffte... und dummes Gelaber bezüglich "eines ultimativen Geräts" serviert bekam. Auf die Gegenfrage, warum denn das besagte Instrument dann im Fachmagazin ganz anders beurteilt wurde, hieß es: "Na, wenn'de das ernst nimmst, ist dir auch nicht mehr zu helfen. Das ist doch für Leute, die gar keine Ahnung haben." Noch im Laden stellte sich heraus, dass die Klampfe genau die Macken hatte, wie im Magazin beschrieben. Da bin ich lieber ohne Ahnung nach Hause gegangen und hab woanders gekauft.

Sehr viel ärgerlicher wird es, wenn das Besserwissen Geld kostet. Wie z.B. bei der Bahn. Da bekommt man beim Ticketkauf am Schalter von unterschiedlichen Mitarbeitern zu unterschiedlichen Zeiten auch schonmal völlig unterschiedliche Antworten. Die Überforderung durch das chaotische Preissystem gleicht der Schaltermensch dann gelegentlich mit einer wahren Belehrungsorgie aus, und doziert über Dinge, die man jetzt eigentlich gar nicht wissen wollte. Und die auch nichts zur Sache tun. Egal, Angriff ist die beste Verteidigung.

Apropos Angriff. Das Schlimmste sind die Oberlehrer im direkten Umfeld. Nachbarn können z.B. zu solchen Wesen mutieren, die zwar wirklich gar nichts (im Sinne von NULL) zum Gemeinwesen beitragen, dafür aber permant belehren müssen. Und die Nachbarn auch schon mal wegen des urdeutschen Vergehens der Ordnungswidrigkeit anzeigen. Ob jetzt 30 Anzeigen in einem Monat psychologisch betrachtet einen pathologischen Befund darstellen, könnt ihr selbst entscheiden. Mit Sicherheit liegt hier das Oberlehrer-Gen in seiner reinsten Form vor. Oder es ist halt irgendwann im Leben mal was so richtig schiefgelaufen. Das mag ja sein, aber Mitleid kann es dann eigentlich nur für die Menschen drumherum geben, Partner und Kinder z.B. können sich doch eigentlich die Kugel geben, wenn in der eigenen Familie solche Lebenswidrigkeit wuchert.

Da bin ich dann froh, wenn ich gelegentlich nur mal einem Fremdwort, einer Satzstellung oder einem Dativ zum Recht verhelfe, und dafür nur ein mildes, liebevolles Lächeln meiner Lieben ernte. Dann weiß ich, dass das ur-deutsche Klugscheißer-Gen wieder mal äusserst aktiv war. Und bin glücklich, dass mir das bereitwillig vergeben wird.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

iHysteria 4.2 oder Wie der Wahnsinn die nächste Hürde nahm

Enttäuschend. Einfach nur enttäuschend. Apple hat das iPhone5 nicht herausgebracht. Wie konnten sie das wagen. Sofort fallen die Aktienkurse. Sofort wird die Inspirationskraft eines ganzen Konzerns angezweifelt, der bis vorgestern Stil-Ikone war.

Bemerkenswert ist die Sache insofern, als dass  im Fall von Apple eine hysterische Community quasi vorgibt, was zur Veröffentlichung ansteht. Das war im Fall des iPhone4 so. Das Ergebnis war ein Mobiltelefon, mit dem man nahezu alles machen konnte... außer richtig zu telefonieren. Denn im irrsinnigen Eifer des verrückten Gefechts hatte man irgendwie die saubere Funktion einer Antenne nicht so ganz zu Ende gedacht. Macht nix, trotzdem auf zum fröhlichsten Beta-Live-Test seit es Windows gibt.

Vergessen wird dabei ohnehin, dass das iPhone4 noch nicht sehr alt ist. Die Produktzyklen bei Apple sind deutlich kürzer als die Durchschnittslebenszeit von Männerunterwäsche (nein, ich werde nicht versuchen da einen Zusammenhang herzustellen). Wenigstens hat das 4S die Antenne jetzt am rechten Fleck. Und arbeitet doppelt so schnell. Kaffee zubereiten wäre jetzt noch toll, aber dafür gibt's vielleicht irgendein durchgeknalltes 3D-App.

Irgendwie hab ich das Gefühl, dass uns da ständig so'ne Truppe von ewig pickligen Nerds und eine Horde vollgekokster Finanzjongleure den Spaß an den kleinen metallenen Geräten mit dem angebissenen Apfel versauen möchte, nur weil sie ständig neues Spielzeug im Angebot  brauchen. Denn das alte ist schon wieder langweilig geworden. Aber ich mach das nicht mehr mit. Ich nutze immer noch gerne mein altes iEquipment. Ich lass mich doch nicht verapplen.

Ach übrigens, ihr durchgeknallten Nerds da draußen: Während ihr das hier gelesen habt, sind vermutlich in Ostafrika etwa 150 Kinder verhungert. Ich wette, das war euch heute keinen Funken Enttäuschung wert.



Dienstag, 4. Oktober 2011

Jetzt zunehmend neu im Angebot - Erkenntnisresistenz!

Bislang waren die Verhaltensweisen in gesellschaftlich relevanten Einrichtungen (wie z.B.  Schulen und Behörden) und nahezu allen Wirtschaftsunternehmen geprägt von einer unheimlich anmutenden Masse an lern- und/oder beratungsresistenten Mitgliedern. Doch wir entwickeln uns gerade in Deutschland offensichtlich doch irgendwie weiter... bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob die Richtung stimmt. 

Während die Beratungsresistenz noch einen Akt der Kommunikation voraussetzt (der dann erfolgreich vom beabsichtigten Empfänger ignoriert wird), ist die Erkenntnisresistenz völlig autark am Werk. ES sieht, aber ES akzeptiert die Nachricht nicht. Und stellt folglich auch sein Verhalten nicht auf veränderte Bedingungen ein.

Um jetzt nicht auf für mich selbst in dem Zusammenhang offensichtliche Merkwürdigkeiten zu schreiben zu kommen, nenne ich mal das Beispiel, das meine Generation grundsätzlich am nachhaltigsten geprägt haben dürfte - die Atomkraft.

Als uns Mitte der 80er der Tschernobyl-Reaktor quasi vor der Haustür um die Ohren flog, wäre die logische Erkenntnis gewesen, dass die nukleare Technologie unter gewissen Umständen für den Menschen nicht mehr kontrollierbar ist. Doch die wirtschaftlichen Interessen waren enorm und die Diskussion verlagerte sich (vielleicht nicht so ganz von alleine) auf eine Debatte über Wahrscheinlichkeiten eines weiteren Unfalls dieser Größenordnung. Dabei hätte die Neigung des Menschen zum Selbstschutz und dem Schutz seiner Nachkommen eigentlich dafür sorgen müssen, dass allein die nachweisliche Realität eines solchen Unfalls ein untragbares Risiko ist. Dem war keinesfalls so... aus Angst davor, dass "bei uns irgendwann die Lichter ausgehen" (schon das wäre zum Lachen, wenn es nicht so ernst wäre) veränderte sich erstmal nix...

Es brauchte erst den Super-GAU in Japan, um überhaupt irgendwas in Bewegung zu setzen. Den Japanern fühlen wir uns ähnlich, die sind wirtschaftlich stark, arbeiten viel und motzen wenig. Diszipliniert eben, und in unseren Klischeeköpfen natürlich auch nicht so rückständig wie die Russen (die ja in diesem Falle eigentlich Ukrainer waren, aber das ist ein anderes Thema).  Die Bewegung, die dann in die politschen Entscheidungsebenen kam, war allerdings eher geprägt von dem Wunsch nach guten Umfrageergebnissen als von einer wirklich Erkenntnis. Auch nicht besser als Resistenzverhalten.

Weniger dramatisch, aber nicht weniger nachhaltig semmelt die Erkenntnisresistenz z.B. in das Bildungswesen rein. Wir mussten unsere Kinder unbedingt nach 12 Jahren das Abitur machen lassen, damit wir angeblich "im internationalen Vergleich konkurrenzfähiger werden". Also pressen wir deutlich mehr Wissen in eine kürzere (Lern-)Zeit, obwohl wir im internationalen Qualitätsvergleich der Bildung eh schon sehr bescheiden abgeschnitten haben. Der Sündenfall der Erkenntnisresistenz... aber vielleicht wollten wir nur (öffentliches) Geld sparen, und das mit der Konkurrenzfähigkeit war nur eine Ausrede. Wäre denkbar.

Obgleich des verfügbaren "besseren Wissens" schrien viele Eltern und Lehrer diejenigen mundtot, die den Verdacht hatten, dass da gerade was richtig schief läuft. JAAAA, wir wollen mehr Konkurrenzfähigkeit mit den anderen Ländern (wobei keiner erklären kann, wieso das nötig ist und was das eigentlich konkret bedeutet). Die Erkenntnisresistenz setzt dann gleich schon wieder ein, wenn sich rausstellt, dass viele, viele Abläufe im Bildungssystem grundlegend verändert werden müssten, um überhaupt das nötige Lerntempo annähernd zu erreichen. So z.B. die Verfügbarkeit von Informationen für die Schüler. Die werden nämlich nahezu ausnahmslos zusammengsetellt wie im 19. Jahrhundert. Stundenplanänderungen sind genauso wenig online verfügbar, wie die Übersicht über durchgenomme Lerninhalte oder Vorbereitungsthemen für Referate. Nee, dann lieber einen Ordner im Klassenraum aufstellen, wo händisch solche Sachen abgelegt werden, lieber Unmengen von Papier kopieren oder Notizen ins Klassenbuch schreiben und daruf warten, dass sich die Schüler das in Lücken zwischen dem Unterricht abrufen. Immer nur einer zur Zeit, weil mehr geht damit ja nicht.

Kommt aber bitte nicht auf die Idee, mal auf einem Elternabend einen Vorschlag in Richtung Virtualisierung zu machen. Dann werdet ihr erst belächelt und dann schneller mit einem eilig an den Haaren herbeigezerrten Totschlag-Argument angeschossen, als ihr 'facebook' sagen könnt. Ich hab allerdings den Verdacht, dass hier dann die gute alte Beratungsresistenz gepaart mit unwilliger Lernresistenz am Werk ist. Vielleicht ist es weniger ein Verdacht... und mehr eine Hoffnung. Wobei die Sache dann wohl doch gerade irgendwie persönlich geworden ist.

Mittwoch, 28. September 2011

Ist facebook fertig mit der Welt?

Okay, facebook... du hast jetzt also microsofte Anwandlungen und willst unser bisheriges Leben für alle total transparent machen. Die Kontrolle über die Information, die Macht über das Wissen, mit dem virtuellen Nacktscanner durchleuchtet.

Wir haben alle erfahren, dass du geholfen hast, als sich in Nordafrika und im nahen Osten die Menschen verabredet haben, um ihrem totalitären System in den Hintern zu treten. Jetzt möchtest du selbst ein totalitäres System werden. Weil du Angst hast, wie einst die Diktatoren. Angst davor, die Macht teilen zu müssen. Deswegen möchtest du googleplussiger werden als die anderen. Schon irgendwie komisch, findest du nicht selber auch?

Aber weißt du was, facebook? Mach doch... der Deal steht ja immer noch: Du benutzt mich ein bißchen und ich benutze dich auch ein bißchen. Letztendlich wird sich alles von selbst regeln, so ist das im Web ja. Und vielleicht wirst du am Ende irgendwie myspacig. Bei denen klafft ja jetzt schon im Logo eine große Lücke. Und dass, mein liebes facebook, sagt alles. Also sei vorsichtig, du hörst schon jetzt nicht mehr richtig zu...

Ich habe fertig+

Dienstag, 27. September 2011

Ich muss jetzt einfach auch mal was sagen...

Also, so geht das nicht weiter. Jeder blogged (oder ist es blogt?), posted und twittert seine Belanglosigkeiten in die Welt hinaus. Ich will das auch...

In Zukunft werde ich also hier in total unregelmäßigen Abständen meinen verbalen Auswurf niederschreiben. Meinen Senf dazu geben. Ich kann das nämlich unmöglich weiterhin alles mit nach Hause nehmen. Dann nerve ich nämlich die Menschen, die mir am wichtigsten sind. Und das geht einfach nicht.

Politisch korrekt wird es hier überwiegend nicht zugehen. Die Dinge werden beim Namen genannt werden, die Protagonisten allerdings nicht. Jedenfalls nicht  bei ihrem richtigen Namen. Es sei denn, sie haben sich schon einen Namen gemacht, der offiziell zum drauf Eintreten freigegeben ist. So wie Guido W. oder so... na, ihr wisst schon, was ich meine.

Viel Spaß...