Ich bin kein Autonarr. Aber ich finde
jegliches Fahrzeug-Design irgendwie spannend, die Technik, mit der
Mobilität für Menschen hergestellt wird. Das ging früh los. Wegen
der Liebe zu nächtlichem Straßenverkehr hätte ich im Alter von
drei Jahren fast das Augenlicht verloren. Ich habe keinerlei
Erinnerung an den Vorfall, meine Eltern schon. Was natürlich an den
Unmengen von Blut gelegen haben kann, dass dem kleinen Car Spotter am
Gesicht herunter lief. Eine mittlerweile kaum noch sichtbare Narbe
über einem Auge sollte eine Erinnerung bleiben. Ich weiss nicht
einmal mehr über welchem Auge.

Anreise
Die Anreise im klimatisierten Mini-Van
ist bei 30 Grad Aussentemperatur physisch auszuhalten,

Eingang

Konzernforum
Gleich mit am Eingangsbereich ist ein
umfangreiches Gastronomie-Angebot und das sogenannte Konzernforum
untergebracht. Hier gibt es zunächst Angebote für Kinder, wobei
sich die gigantische, circa 15 Meter hohe Holzskulptur von
Kinderaugen nicht auf Anhieb als übergroßer Spielplatz erkennen
lässt. Zum einen liegt das vermutlich an der stahlgrau lasierten
Leimbinderkonstruktion, die für Kinderaugen nicht wirklich
Spielfläche verspricht, zum anderen aber vielleicht auch daran, dass
die Wächter über das Spielterrain schwarze Anzüge tragen. Das
könnte auf Kinder schon irgendwie merkwürdig wirken....versucht es
doch mal mit bunten Polohemden.
Ansonsten findet hier auf den zwei
offenen Etagen darüber viel Wissenschafts- und Design-Show statt,
multimedial aufbereitet, und vor allem durchaus kritisch zu Fragen
von Ökologie und Ökonomie aufgesetzt. Mit ein bisschen zu viel von
Letzterem. Die Anzugträger stehen hier auch zur Verfügung,
beantworten Fragen oder gehen auf die Leute zu, um bei der Bedienung
der Digitaltechnik zu helfen. Das konservative Outfit dieser
überwiegend jungen Leute empfinde ich aber als überkandidelt bis
störend, es passt einfach nicht zum Ambiente der Ausstellung.
Zeithaus
Das Zeithaus wird für Papi, meinen
Bruder und mich zur Zeitreise. Das Leuchten in den Augen meines
Vaters beim Anblick der Autos seiner eigenen Jugend, einschließlich
der damit verbundenen Erinnerungen, sind die 15 EUR dann eigentlich
schon längst wieder wert. Warum diese zugegebenermaßen spannende
Ausstellung fast gar nicht chronologisch strukturiert ist, wird wohl
ein Geheimnis der Konzeptmacher bleiben. Dem Ausstellungsprofi in
meinem Bruder sind Fragezeichen darüber beim Verlassen der
dreistöckigen Halle deutlich anzumerken. Egal, die Exponate waren in
teils lichtdurchfluteten, teils abgedunkelten Bereichen toll
anzusehen.
Pavillons
Merkwürdig, sehr merkwürdig. Unter
Premium Clubhouse habe ich jetzt einiges erwartet. Das aber ein
vollverchromter Bugatti Veyron und sein Motor die ökopolitisch
unkorrekten, aber toll designten, einzigen Exponate sein würden,
hatte ich nicht erwartet. Und verstehe ich auch nicht.
Der AUDI-Auftritt hingegen glänzt mit
technischer Interaktion, Leuchtkugeln für die Gäste, die damit
Hochglanzpräsentation und Lichtspiele abrufen können. Das wirkt
gelungen, zumal hier sogar ein Hybrid-Prototyp im Kleinwagenformat
zentral präsentiert wird, der den üblichen Boliden fast die Schau stiehlt und
daran erinnert, dass klassische Verbrennungsmotoren der Welt Schaden
zufügen.

Verstört fanden wir im SEAT-Pavillon
Zuflucht (SKODA hatten wir vor Schreck links liegen lassen), in dem
wir uns auf großen Sitzsäcken bei familientauglichen Werbevideos
auf der Großbildfläche vom Bolidenschock erholen konnten.
Das VW-Haus war dann erwartungsgemäß
nüchtern aber überraschend schwach bestückt, trug jedoch wenigstens den weniger
umweltschädlichen, modernen Motorentechniken deutlich Rechnung. Der
spektakuläre Porsche-Bau danach ist dann zwar unspektakulär
gefüllt, aber zumindest sehr stilvoll in Schwarz-Weiß-Silber-Optik
kreativ präsentiert. Mental waren wir zu dem Zeitpunkt allerdings
irgendwie schon durch. Deswegen wollte auch niemand mehr die
Nutzfahrzeuge (gäähn) sehen.
Turmhaus, Kundencenter, Gastronomie, Fazit
Das Turmhaus-Desaster sorgte dann kurz
vor Schluss bereits für den Abtörner des Tages, den ein Gang durch
das stickige Kundencenter natürlich auch nicht auffangen konnte. Wie
auch, denn eigentlich sah es hier aus wie in jedem fetten Autohaus.
Wenigstens habe ich herausgefunden, dass der Mikrobenwagen „up!“
im Fahrgastraum nicht so klein ist, wie er von den selbsternannten
Autospezialisten geredet
wird. Nur eben für die wenig spektakuläre Ausstattung viel zu
teuer.
Die thematisch nebensächliche, aber
menschlich bedeutsame Gastronomie vor Ort ist übrigens völlig
einwandfrei. Moderate Preise und freundliche Bedienung sind überall
zu haben, sehr empfehlenswert ist der Italiener am Zeithaus. Lecker
und preislich in einem völlig normalen Rahmen, inklusive Chefin mit
Humor. Das passt.

Die Rückfahrt über diverse Autobahnen
unter Begleitung irrer Dichtauffahrer und Scheißegal-LKW-Lenker war
dann zusätzlich anstrengend. Mein Urteil hatte ich da aber schon
längst gefällt.