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Donnerstag, 30. Mai 2013

Einwurf | Falling Down

Nach vielen Tagen mal wieder mit dem Rad zur Arbeit fahren. Schön. Schön?

Erst kackt mich so ein Bonzen-Rotzlöffel am neuralgischen Verkehrsknotenpunkt im Viertel der Semi-Reichen an ("Hallo?! Fah'ma schneller"), glaubt wohl, dass mich seine scheiß 500-Euro-Allwetterjacke und sein 1500-Flocken-Fahrrad irgendwie beeindrucken....10 Jahre alt und schon Arschloch, tragisch. Das Tier im Manne öffnet kurz verschlafen die Augen

Dann meint ein viel zu kleiner und stark übergewichtiger Hilfsbauarbeiter, mir mit Berliner Akzent und einer großen, modernen Kunststoffleichtbauabsperrung den Weg vor der Nase zubauen zu müssen: "Fah'ma aussen rum, wa?!" ...das wäre an dieser Stelle eine ganz andere Route, mit einem gewaltigen Umweg. "Nöö..." Der Kerl schaut plötzlich sehr aggressiv drein, ich allerdings stehe nunmehr nicht allein vor ihm. Die Gruppe von Radlern, die den Typ mit mir zusammen ignoriert, schüttelt kollektiv den Kopf. Eine junge Frau fasst sich an die Stirn. Das Tier im Manne streckt sich kurz wie ein alter Kater, legt sich aber wieder hin.

Dort, wo der Radweg die Straßenbahnhaltestelle vom Tabakladen trennt, rennt mir plötzlich und unvermittelt eine hektische Mittvierzigerin orientierungslos direkt vor das Rad. Dank gut erhaltener Torhüter-Reflexe bringe ich das Rad noch vor ihrer schneeweißen Hose zum Stehen. Trotzdem werde ich mit einer unverständlichen Schimpfkanonade eingedeckt, die in ein zischeliges Gemotze abebbt. Ich glaube, ich habe nichts falsch gemacht. Das Tier im Manne ist jetzt wach...und ein bisschen angepisst.

Einen knappen Kilometer weiter nimmt mir genau der jugendliche Rechtsabbieger mit seinem rostigen Polo die Vorfahrt, der eigentlich seit der schneeweißen Hose neben mir her gefahren ist. Er hat mich todsicher gesehen, wahrscheinlich hätte er mich sogar auf einem Fahndungsfoto wiedererkannt. Das Schneiden trotz meiner grünen Ampel war ein sehr bewusster Vorgang. Glücklicherweise sind meine Bremsen in Ordnung, sie quietschen ein bisschen laut und überdecken damit den spontanen verbalen Ausfluss, den ich erleide. Ein etwas älterer Polizist, der die Szene auf der anderen Straßenseite beobachtet hat, schaut mit strafendem Blick zu mir rüber. Und macht....nichts. Okay, das stimmt nicht ganz, er nuckelt weiter an seinem Pappbecherkaffee und steigt in den Streifenwagen....

Das Tier im Manne will jetzt spielen. Es hat eine etwas zu große Adrenalin-Portion zum Frühstück bekommen und ist auf der Jagd. Und es weiß, dass du da draußen bist. Derjenige, der heute das Fass zum Überlaufen bringt, dann mit den verbalen Reißzähnen niedergestreckt und zu virtuellem Hackfleisch verarbeitet wird. Also los, mein Freund, trau dich aus deiner Deckung. Ich warte hier auf dich. Oder später auf dem Heimweg. Make my day.