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Dienstag, 26. Februar 2013

Quatsch mit Soße? | Ein ganz scharfer Selbstversuch in Sachen 'Teinahme an Viralmarketing-Gags'

Prolog

Ich liebe Ketchup und all seine Derivate. Soßen überhaupt sind für mich das Größte. Ich esse gerne richtig gute Sachen, aber zur Abwechslung macht mich ein Teller mit irgendeiner Abwandlung der gebackenen Kartoffelspalte und einer guten, süßsauren Tomatenpaste richtig glücklich. 

Außerdem stehe ich auf Chili con Carne. Ich koche und esse es gerne, in den verschiedensten Variationen. Und seit mir mal ein fast zwei Meter großer Mexikaner nach einer fetten Chili-Orgie gesagt hat, dass mein Chili das Beste war, was er jemals östlich von Cancún gegessen hat, bilde ich mir ein, sowas wie ein Fachmann zu sein.

Irgendwann im Januar 2013


Ampelschaltung? Nicht ganz...
Ich beobachte wieder mal den rechten Rand der facebook Oberfläche. Nein, nicht irgendwelche Fascho-Aktionen, ich meine den physikalisch rechten Rand, an dem die ganze Werbung auftaucht. Zielgruppenorientiert, sagt facebook. Überwiegend merkwürdig herausgefiltert, sag ich. Mit dem Finger am virtuellen Abzug bin ich bereit, die x-te 'wie baue ich mehr Muskelmasse in vier Stunden' Werbung mit der Bemerkung uninteressant auszublenden. Warum tue ich das eigentlich, denke ich noch, ich muss denen doch eigentlich nicht noch helfen, ihre blöden Werbe-Filter zu optimieren....und wende mich den stellenweise nicht minder blödsinnigen Statusmeldungen der virtuellen Restgemeinde zu. Im rechten Augenwinkel taucht genau in diesem Moment eine rot-grün-gelbe Kombination auf, die meine Aufmerksamkeit doch wieder nach rechts lenkt. Wieder auf den Ampel-Trick reingefallen...funktioniert bei Männern immer ;-)

Bruchteile von Sekunden später ertappe ich mich dabei, wie ich auf der Seite des Ketchup-Giganten HEINZ  ein Mini-Formular ausfülle und mich in zwei Sätzen als potentiellen, und vor allem bestens medial vernetzten Hot-Sauce-Tester anpreise...

18. Februar 2013

Patrick Weiss schreibt mir, dass ich die Jury mit meiner (Zwei-Zeilen-)Bewerbung überzeugt habe und ich deswegen einer von 100 Testern sein werde. Ich schmunzle ein wenig und denke, wenn nur 90 Leute was geschrieben haben, war das vielleicht nicht wirklich ein Kunststück. Später lese ich bei facebook, dass es doch etwa 3000 Leute waren, die die Soße...ääähhh, sorry....Sauce zum Testen haben wollten.

22. Februar 2013

Mein neuer Freund Patrick Weiss schreibt mir wieder und möchte mir vorab ein Mini-Rezeptbuch mit jeweils einem Kochvorschlag zu jeder Hot Sauce zukommen lassen. Das angehängte PDF wird in der Inbox zwar angezeigt, ist aber in der Mail nirgends zu finden. Patrick bemerkt es innerhalb von zehn Minuten selbst und legt mit einem Hauch von Selbstironie nach. Ich schmunzele, offensichtlich sind die am anderen Ende der virtuellen Leitung von der entspannten Sorte.
Dann fällt mir ein, dass ich nie nach Rezept koche. Aber man kann sich ja Inspiration holen.

23. Februar 2013


Das Paket ist da :-) Es ist klein und handlich, und irgendwie genau, wie ich es erwartet hatte. Zu meiner Freude stelle ich nach dem Öffnen fest, dass nicht nur die Hot Sauces nebst Fragebogen enthalten sind, sondern auch ein rustikales Gemüsemesser mit Holzgriff und eingebranntem HEINZ Logo. Da fühlt sich der Grillmeister sofort angesprochen.

Flaschengröße und Design der Hot Sauces sind dem allgemeinen HEINZ-Produktstil angepasst, lassen aber auch keinen Zweifel daran, in welchem Terrain man hier einen Teil des Kuchens abschneiden möchte. Der klassische Schärfelieferant zum Nachwürzen ist ja das weit verbreitete Tabasco, und da geht hier schon rein optisch die Reise hin. Das Etikett der Hot Sauces wirkt aber durch den schwarzen Hintergrund etwas edler...aber das ist reine Optik. Zusätzlich sind die Schärfegrade mit einer Chilischoten-Skala von eins bis drei vermerkt (medium - hot - very hot)

16.23h

Ich bin neugierig, ein Schnelltest muss her. Zu diesem Zweck habe ich mir Tomatensaft vom Einkauf mitgebracht. Ja, ich bekenne mich als Tomatensaft-mit-Gewürzen-Konsument, nicht nur im Flugzeug, sondern auch zuhause.

(Selbst-)Versuchsaufbau
Die natürlich streng wissenschaftlich ausgerichtete Versuchsanordnung seht ihr hier rechts. Der Vierte Becher zur Rechten enthält Buttermilch, meine persönliche Exit-Strategie, falls die Zunge in Flammen aufgeht. Ich nehme es vorweg: Es passiert mir kein Schärfe-Unfall. Ich beschließe, mich durch die Schärfegrade nach oben zu arbeiten und fange mit Medium an...

Chipotle & Garlic (rot) | medium

Die Konsistenz der Soße ist sehr sämig, dickflüssiger als bei der Tabasco-Konkurrenz. Die Farbe ist zwar mit einem tiefen rotbraunen Ton ähnlich, aber man erkennt deutlich Zutaten- und Gewürzstücke. Das macht einen sehr guten Eindruck und wirkt ein bisschen wie homemade. Nach dem Öffnen des Klappdeckels, versuch ich zunächst den Dosierungskopf zu verstehen. Ich entschließe mich, es einfach auszuprobieren. Einfaches Kippen reicht jedenfalls nicht, es kommt nur sehr wenig aus der kleinen Öffnung. Ich werde mutiger und setze zu einem klassischen Maggi-Flaschen-Dreifach-Schuss an, und siehe da, dafür ist diese Öffnung gemacht. Drei ordentliche Spritzer landen im Tomatensaft, da mir völlig unklar ist, in welchen Schärfewelten ich mich bewege, rühre ich erstmal gründlich um.

Beim ersten Schluck ist das Aroma kaum wahrnehmbar, deswegen schiebe ich weitere vier Spritzer hinterher. Erneut gut umgerührt entfaltet sich jetzt ein mild-rauchiges Aroma, das ganz eindeutig nach verschiedenen Barbecue-Anwendungen schreit. Die Schärfe ist dezent und sehr angemessen, von der Knoblauch-Note ist allerdings kaum etwas zu spüren. Macht aber nix, vielleicht rundet es das positive Gesamtbild einfach ab, ohne auffällig zu wirken. Das langt auch völlig.

Green Jalapeno (grün) | hot

Variation Grün ist noch zähflüssiger als Rot, und macht bereits rein optisch einen fett fruchtigen Eindruck. Leicht angeheizt durch den mittelfeurigen aber vollen Geschmack, der immer noch auf meine Rezeptoren liegt, lange ich hier gleich mit vier ordentlichen Spritzern zu. Sofort nehme ich das Aroma schon über die Luft wahr, ein sehr fruchtiger Hauch breitet sich aus.

Im Geschmack bestätigt sich der Eindruck, ein sehr üppiges Aroma, das den typischen Jalapeno-Geschmack authentisch wiedergibt, damit aber auch in Mahlzeiten als Kochzutat sehr bestimmend sein kann. Was den Schärfegrad angeht, stelle ich hier keinen sehr deutlichen Unterschied zu unserem roten Kandidaten fest. Ich hab sogar nochmal zwei ordentliche Spritzer nachgeladen, die Steigerung in der Schärfe ist minimal.

Yellow Habanero (gelb) | very hot

Ich bin mittlerweile ein wenig im Chili-Rausch, fange an, mit spanischem Akzent zu denken und genehmige mir drei fette Spritzer des intensiv gelben Testkandidaten. Wieder ist sofort ein sehr intensives Aroma zu riechen. Ich muss gestehen, dass ich Habaneros noch nie zum Kochen verwendet habe, weil ich immer wieder gehört habe, wie schnell man sich da mengenmäßig vertun kann.

Die Habaneros (in der zähflüssigen Hot Sauce als kleine Fadenstücke zu erkennen) geben ordentlich Gas. Schon beim ersten Schluck aus dem Testbecher merke ich die Schärfe auf Lippen und Zunge, aber gleichzeitg stellt sich ein sehr "gemüsiges" Aroma ein. Als Kurzbeschreibung könnte man vielleicht sagen, wir haben es hier mit einer durchgeknallten Paprika zu tun. Dieses Aroma kann ich mir auch sehr gut in asiatischen Gerichten vorstellen, und es kommt wahrscheinlich nicht von ungefähr, dass es im Mini-Rezeptheft von HEINZ einen Kochvorschlag in genau diese Richtung gibt.

24. Februar 2013

Ich muss unbedingt eines der Rezepte ausprobieren, entscheide mich aus pragmatischen Gründen für das gerade beschriebene Wok-Gericht aus dem von HEINZ mitgelieferten Rezeptbuch. Da ich sonst nie nach Rezept koche, strengt mich selbst dieses simple Gericht erstmal ungewöhnlich an. Und das, obwohl die beste Frau der Welt bereits die ungeliebte Vorarbeit geleistet hat, sämtliche gemüsigen Zutaten in sehr kleine Stücke zu schneiden, die selbst den Ansprüchen des Herrn Rach genügen dürften. Und der asiatischen Küche sowieso.

Das Fleisch bereite ich getrennt zu, da die beste Tochter der Welt sich seit einiger Zeit konsequent vegetarisch ernährt. Über den Lese-Schnippel-Koordinationskonflikt hinweg, vergesse ich tatsächlich eine Zutat, dafür geraten mir viel zu viele Wok-Nudeln in die wokähnliche Riesenpfanne. Selbst leicht gesalzen schmeckt mir das erstmal nach nix, deswegen lange ich zum Schluss ordentlich mit der very hot Yellow Habanero zu. Die verbessert die Lage zwar und gibt dem ganzen ordentlich Dampf unter die Haube, trotzdem fehlt mir was. Na klar, kein Asiate würde sowas jemals völlig ohne Sojasoße zubereiten, also gebe ich hier von der milden Sorte etwas dazu und bringe (keineswegs restlos überzeugt) die ganze Sache für meine beiden Damen auf den Tisch.

Nach Zugabe von weiterer bereitgestellte Sojasoße (jetzt die scharfe Sorte), wird das Gericht von den Anwesenden Personen zwischen okay bis lecker einsortiert. Kein kulinarisches Mega-Highlight, aber ein schnelles Gericht, dass wegen der Woknudeln einen Sättigungsfaktor besitzt, ohne schwer im Magen zu liegen. Aber mir wird auch klar, dass man die Rezeptvorschläge in jedem Fall nur als Basis sehen darf, auf der man seinen eigenen Verfeinerungen hinzufügen muss. Vielleicht einfach mehr Hot Sauce. Demnächst wird noch die scharfe Suppe ausprobiert...

Fazit

HEINZ hat nicht den Fehler gemacht, eine lediglich verbesserte Kopie von irgendetwas auf den Markt zu bringen. Stattdessen werden sehr aromatische Chili-Würzsoßen geboten, bei denen man ordentlich zulangen kann, auch wenn der Unterschied in den Schärfestufen medium und hot nicht wirklich groß ist. Die Hot Sauces sind  eine Zutat zum Nachwürzen und genau so sollte man sie auch behandeln, so kann beispielsweise jeder Gast bei einem üppigen Chili con Carne Abend nach eigenen Gelüsten nachschärfen...dem Feuer sind da keine Grenzen gesetzt. Den Dosierschwung muss man erstmal selber rausfinden, aber wenn man's hat, ist es einfacher in der Handhabung als z.B. Tabasco. Ich selbst werde die drei Sorten sicherlich im Sommer auch mal in verschieden Dip- und Barbecue-Soßen verarbeiten, da geht bestimmt noch was.

Die Aktion selber finde ich sehr gelungen. Im Gegensatz zu vielen "viralen" Social Media Aktionen der letzten  Zeit, hat HEINZ sich hier eine ganz einfache, wenig aufwendige Sache ohne die übliche Hysterie ausgedacht. Zuletzt setzten einige Unternehmen auf das virtuelle Vorführen von Menschen, das kam bei vielen überhaupt nicht gut an. Bei mir auch nicht.

Vielen Dank, HEINZ, dass du mich bedacht hast...und herzlichen Glückwunsch zu einem gelungenem Produkt :-)


Epilog


  • Laut Wikipedia verkauft die H.J.Heinz Company ihre Produkte unter den Marken HEINZ, HP und Lea&Perrins in über 50 Ländern dieser Erde. Das bekannteste und mit älteste Produkt ist der HEINZ Tomato Ketchup (1876)
  • Der Begriff Ketchup ist am wahrscheinlichsten vom indonesischen kecap abgeleitet, das zunächst mal nichts weiter als Soße bedeutet. In der indonesischen Soße spielen allerdings Tomaten keine Rolle.
  • Die Basis für die ersten Ketchups ist vermutlich eine salzige Fischsoße (ähnlich der Sojasoße) gewesen.
  • In vielen Ländern Asiens wird Ketchup wegen der idealen Mischung der Zutaten als Basis für diverse Speisesoßen benutzt. Die Auswahl wird hier auch um ein mit lokalen Zutaten modifiziertes Angebot erweitert, so gibt es beispielsweise auf den Philippinen mit seinen gefühlten 100 Bananensorten den sehr beliebten Banana Catsup....der zwar rotbraun ist, aber keinerlei Tomaten enthält.
  • Ich habe keine Ahnung, warum ich hier von Ketchup schreibe, denn es geht ja eigentlich um Würzsoßen aus Chilischoten.
  • Ich weiss bis heute nicht, ob es Patrick Weiss wirklich gibt.